Pro und Contra- Gedanken zur Pkw- Verkehrs- Maut
Ein Aufsatz für die Partei „Liberal- Konservative Reformer“
– November 2016
von Florian Rombach

Der Verfasser hatte zum Parteitag in Ludwigshafen den schriftlichen Antrag gestellt, die Pkw- Maut in das Programm einzubringen, trotz der handwerklichen Schwierigkeiten – aufgrund vorausgegangener Fehler – die die große Koalition mit diesem Projekt hat. Das Programm der Partei geht bislang dennoch von einer Ablehnung der Maut aus. In unserem Bezirksverband München haben wir zuletzt darüber kontrovers diskutiert. Hier nun die Argumente des Pro und Contra, wobei der Verfasser, was auch aus den Ausführungen hervorgeht, dem Pro näher steht als dem Contra:

1. Der Landesvorstand hatte zum Thema geäußert, das „subjektive Gerechtigkeitsempfinden“ wäre in der Frage weit verbreitet und würde sich für die Einführung einer Maut aussprechen. Ich greife zunächst diesen Standpunkt auf:

Wer, als vornehmlich süddeutscher Autofahrer, häufiger die Autobahnen München-Rosenheim-Salzburg, München-Kufstein, München-Lindau oder aber die Autobahnen Stuttgart-Konstanz und Karlsruhe-Basel nutzt, dem fällt auf, dass in den östlichen Landesteilen die KFZ mit österreichischen, in den westlichen Schweizer Zulassungen häufig sind. Wenn dann der deutsche Autofahrer z. B. die Grenze bei Freilassing nach Österreich quert, um nach wenigen Kilometern an sein Ziel Salzburg zu gelangen, macht er die Erfahrung, dass er für diese wenigen Kilometern ein mind. 10- Tages- Pickerl löhnen muss.

Wenn der deutsche Autofahrer zum Skifahren nach Ellmau oder Kitzbühel ca. 5 km ab Grenze bis zur Ausfahrt Felbertauern die österr. Autobahn nutzen will, um sich nicht durch die Stadt Kufstein quälen zu müssen, macht er ebenfalls die Erfahrung, hierfür mind. ein 10- Tages- Pickerl zu benötigen. Die gleiche Erfahrung macht der deutsche Autofahrer, wenn er am Ende der Autobahn Lindau, wiederum wenige km, die österreichische Autobahn nutzt, um, unter Umgehung der Stadt Bregenz, nach St.-Margarethen/Schweiz zu gelangen.

Auf den Autobahnen Stuttgart-Konstanz und Karlsruhe-Basel, werden Schweizer Jahresgebühren fällig, wer über die Grenze auf Schweizer Autobahnen weiter fährt, gleichgültig für wie viele km diese genutzt werden oder zeitlich wie lang.

Insbesondere zu Ferienzeiten, winters wie sommers, fällt auf allen Autobahnen Süddeutschlands auf, dass gefühlt die gesamte holländische Bevölkerung in Pkw Richtung Süden unterwegs ist. Französische Autofahrer nutzen gern die Autobahn Karlsruhe bis zum Grenzübergang Mulhouse, da diese, im Gegensatz zur französischen auf der anderen Rhein- Seite, gebührenfrei ist.

Es fragt sich deshalb der deutsche Autofahrer zu Recht, weshalb er gebührendiskriminiert in Europa unterwegs ist, wenn alle ausländischen Verkehrsteilnehmer in Deutschland freie Fahrt haben.

Trump- Wahl und Brexit haben eines aufgezeigt:
Polit. Wahlen werden über die Aktivierung von Emotionen entschieden. Mit dem Programm- Punkt „Keine Maut“ werden – zumindest in Süddeutschland – keine Mehrheiten gewonnen.

2. Ein objektives Gerechtigkeitsempfinden hat an den tatsächlichen Kosten anzuknüpfen, die wir, durch die Gebühren- Freiheit auf deutschen Autobahnen, unseren Nachbarn, die eben diese Autobahnen nutzen, „schenken“.

Die SZ zitierte in ihrem Artikel v. 04.11.2016, „Das Phantom ist zurück“, Finanzminister Schäuble mit € 3,7 Milliarden zu erwartenden Einnahmen mit Einführung der PKW- Maut. Im Haushalt, so die SZ, verblieben aber wohl nur 500 Millionen, vor allem deshalb, weil 3 Millionen dem deutschen Steuerzahler über eine sinkende Kfz- Steuer zurückgegeben würden. Die SZ stellt die Frage: „Lohnt sich da noch der große Aufwand einer Maut- Einführung?“

Linke und grüne Ideologen werden mit „Nein“ antworten. Wer hingegen ohne Scheuklappen das Thema vernünftig betrachtet kommt zum Schluss: Auch wenn der Saldo nur eine jährliche Einnahme von 500 Mio. ausweisen sollte, so ist der Belastung des deut. Steuerzahlers, weit über „peanuts“ hinaus, abgeholfen. Zwar müsste die Maut- Einnahme zweckgebunden dem Straßen-/ Brückenbau, der Verkehrs- Infrastruktur, zugutekommen, doch sei, zur Darstellung der Bedeutung der Entlastung des deut. Steuerzahlers, folgendes Bild erlaubt: Würden 500 Mio. jährlich aus dem Steuersäckel nicht in den Straßenbau investiert werden müssen (da aus der Maut kommend), so könnte dieser Betrag z. B. in den Bau/die Renovierung von Schulen und Kitas zusätzlich fließen oder Alleinerziehenden und Kindern zugutekommen. Dann stellte sich die Frage, ob sich die Maut „lohnt“, doch wohl nicht mehr.

Der Verfasser ist überdies überzeugt, dass die Maut- Einnahme über den von der SZ genannten Beträgen liegen würde und zwar aus einer einfachen Überlegung: Für alle unsere Nachbarn, die eine Maut eingeführt haben, hat sich die sehr wohl gelohnt und keines dieser Länder würde auf die Maut- Einnahmen verzichten. Unsere Nachbarn sind geographisch, im Hinblick auf die europ. Autobahnnutzung, Randländer. In Deutschland sind wir hingegen Kernland des europ. Autobahnnetzes, weshalb alle unsere Nachbarn, wenn sie von Nord nach Süd oder Ost nach West und umgekehrt in Europa unterwegs sind, deutsche Autobahnen nutzen. Unsere Autobahnen werden deshalb unverhältnismäßig hoch von Ausländern genutzt, im Vergleich zur Nutzung ausländischer Autobahnen von Ausländern. Wenn sich also die Maut bei unseren Nachbarn lohnt, so würde sie sich bei uns erst recht lohnen.

3. Contra- Argumente zur Maut
– Die Autobahnmaut sei eine Schattensteuer wie die GEZ, sie sei eine Steuererhöhung, die künftig beliebig weiter erhöht werden könne. Sie würde niemals 1:1 mit der Kfz- Steuer gegengerechnet.

Wer die These „Steuer bzw. Steuererhöhung“ vertritt, hat Sinn und Zweck der Maut noch nicht verinnerlicht: Es soll die Autobahnnutzung von a l l e n bezahlt werden, die sich ihrer bedienen. Es sollen eben nicht nur deutsche Autofahrer mit der Struktur- Abgabe für Autobahnen belastet sein. Es gilt das Verursacher- Nutzer- Prinzip.

Das Argument der „beliebigen weiteren Erhöhung“ gilt im Übrigen für jede Steuer und Abgabe. Sie unterliegen sämtlich der Gefahr, dass der Staat die Steuer- „Schraube“ bedient. Die Maut unterliegt allerdings dem internationalen Druck der Vergleichbarkeit. Kein europäischer Staat wird sich herausnehmen, die Maut weit über das Niveau der Maut eines Nachbarstaats hinaus anzuheben. Denn nicht nur nationales, sondern internationales Protest- Geschrei wäre die Folge. Das will keine Regierung. Warum eine „Gegenrechnung 1:1“, z. B. mit der Kfz- Steuer, nicht erreicht werden können soll, erschließt sich argumentativ dem Verfasser nicht; dazu u. 4.

– Die Maut müsse „europäisch“ gelöst werden.

Es solle eine einheitliche europäische Maut auf allen europäischen Autobahnen geben. Also keine nationalen Alleingänge.

Wer diese These vertritt, dem empfiehlt der Verfasser ein Besuch des Theaterstücks von Samuel Beckett „Warten auf Godot“. Godot kam nie und eine einheitliche europäische Maut kommt genau so wenig, wie auch die „gerechte Verteilung von Flüchtlingen“ (Flüchtlingsquoten) in der EU. Für die Antwort auf das Warum empfehle ich mein Schlusswort (S. 13) im Positionspapier v. 07. September 2015, „Asyl und Zuwanderung“ – www.florianrombach.de/Aktuelles

4. Was die große Koalition bzgl. der Maut falsch machte und wie es richtig gemacht werden könnte.

4.1 Im Koalitionsvertrag von 2013 steht u. a. (Quelle: SZ aaO):
„Zur zusätzlichen Finanzierung des Erhalts und des Ausbaus unseres Autobahnnetzes werden wir einen angemessenen Beitrag der Halter von nicht in Deutschland zugelassenen PKW erheben (Vignette) mit der Maßgabe, dass kein Fahrzeughalter in Deutschland stärker belastet wird als heute. Die Ausgestaltung wird EU- rechtskonform erfolgen“.

Im Maastricht- Vertrag von 1992 bzw. im Art. 18 AEUV – Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union v. 2009, im Anschluss an Lissabon- Vertrag – steht:

„Unbeschadet besonderer Bestimmungen der Verträge ist in ihrem Anwendungsbereich jede Diskriminierung aus Gründen der Staatsangehörigkeit verboten“.

Art. 18 AEUV verlangt also die Gleichbehandlung aller ausländischer Unionsbürger mit Inländern (leider nicht aber die Gleichbehandlung der Inländer in den ausländischen Maut- Staaten, also Maut- Freiheit für Deutsche im Ausland, solange es bei uns keine Maut gibt).

Der EuGH (Europ. Gerichtshof) hat von Art. 18 eine Ausnahme gestattet, wenn ein „sachlicher Grund“ vorläge und „die Ungleichbehandlung verhältnismäßig ist“. – Damit hat der EuGH mehr Verwirrung gestiftet, als Klarheit geschaffen.

Tatsache ist, dass die Aussage im Koalitionsvertrag eine Diskriminierung beinhaltet, die nach Art. 18 AEUV verboten ist. Die Koalitionäre haben schlicht übersehen, dass die Herstellung eines Junktims zwischen Einführung einer Maut und Nichtbelastung inländischer Autofahrer zur Diskriminierung und damit zum Verbot führt. Ob der EuGH, auf den Herr Dobrindt offenbar baut, und die Annäherung der EU an die Maut- Pläne der CSU, die Ursache ist, und ob der EuGH den grundsätzlichen Fehler heilt, bleibt offen. Österreich und die Niederlande haben Klagen angekündigt, sollte die Maut kommen.

4.2 Die Empfehlung des Verfassers:

Der derzeitige Antrag auf Einführung der PKW- Maut sollte in Brüssel zurückgezogen werden. Die Unsicherheiten, ob die Maut auf der Grundlage der Aussage im Koalitionsvertrag kommen kann, sind zu groß. Die Koalition sollte sich das eingestehen – und den Gesichtsverlust akzeptieren.

In der neuen Legislaturperiode in 2017 sollte zunächst die Kfz- Steuer im Inland um den Betrag gemindert werden, der Deutschland durch Einführung der PKW- Maut voraussichtlich zufließen würde. Danach und ohne Herstellung eines Junktims, sollte die PKW- Maut für alle Autobahnnutzer in Deutschland eingeführt werden.

Die Österreicher haben das hingekriegt. Nachdem unser vormaliger Finanzminister Weigel, ebenfalls CSU, schon einmal und aus gleichen Gründen mit der Einführung der Pkw- Maut gescheitert ist, sollte es in 2017 im 3. Anlauf gelingen.
Florian Rombach

Gedanken zur Pkw- Verkehrs- Maut als PDF Download

Nachtrag zum Aufsatz PKW- Maut vom November 2016
Dobrindt hat die Zustimmung der EU- Kommission zu seiner Maut erhalten. Dazu mußte er die eigentlich als Straßennutzungsgebühr gedachte Maut in Richtung einer Regulierung mit,,ökologischer Lenkungswirkung“ und bis zu einem Verwaltungsmonstrum verfremden: Mit einer Mehrzahl von Einstufungskriterien bis zur 10- Tages-Maut für Eur 2,50 für besonders umweltschonende Kfz schafft es Herr Dobrindt tatsächlich, zweifel an der Wirtschaftlichkeit seiner Maut zu wecken. Denn wer soll die unterschiedlichen Einstufungskriterien überwachen und verwalten und zu welchen Kosten?

Aber selbst der erzwungene Kniefall vor der Kommission bewahrt Herrn Dobrindt nicht vor:

–  Dem Umstand,daß über die Einhaltung der Europaverträge nicht die Kommission (die sollte darüber wachen), sondern der EuGH entscheidet,

–  Selbst der Wissenschaftliche Dienst des Bundestags in einem Gutachten dieser Tage zum Ergebnis kommt,,die PKW- Maut ist europarechtswid rig“ lFAZv.17.und 18.Feb.2017),

–  Die Nachbarstaaten Holland und Österreich jetzt erst recht zu einer Klage beim EuGH ermutigt werden und damit die Dobrindt-Maut mit einer Rechtsunsicherheit belasten, deren Folgen heute noch gar nicht absehbar sind.

Fazit: Meine Empfehlung im Aufsatz vom November gilt unverändert:
Den Maut-Entwurf zurückziehen und nach der Wahl im Sept. richtig und ohne steuerliches Entlastungs- Junktim ein 3.Mal versuchen. lrgendwann lernt es auch die CSU…
München,23.Feb.2017